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Überalterung gefährdet Österreichs Kreditrating

Die steigenden Ausgaben für Pensionen und Gesundheitssystem könnten laut „Standard and Poor's“ schon in zehn Jahren dramatische Konsequenzen haben.

[Wien] Dass Österreich ein Problem mit der Finanzierung seines Pensionssystems hat, ist nicht neu. Neu ist aber, welch schwerwiegende Konsequenzen dieses Problem haben könnte: Schon in zehn Jahren droht Österreich, wegen der steigenden Ausgaben sein höchstes Kredit-Rating AAA zu verlieren. Steuert die Regierung nicht massiv gegen, dann fällt das Rating sogar auf BB+ – etwas besser, als die aktuelle Bewertung Albaniens.

Den politischen Sprengstoff liefert die internationale Ratingagentur „Standard & Poor's“ in Form einer Studie, die der Regierung diese Woche übermittelt wurde. Die New Yorker Firma beschäftigt sich in „Global Aging 2010: An Irreversible Truth“ mit den Folgen der Überalterung weltweit, der Länderbericht über Österreich fällt aber weitaus dramatischer aus als für andere Staaten.

Ein Drittel älter als 65 Jahre

S&P nimmt an, dass die Bevölkerung Österreichs bis 2035 auf 9,1 Millionen Menschen steigt und dann stagniert. Zugleich wird der Anteil der Menschen im arbeitsfähigen Alter abnehmen. Zuerst schwach von derzeit 67,5 Prozent auf 66,3 Prozent (2020), dann aber stark auf 58,3 Prozent (2050). Der Prozentsatz der über 65-Jährigen steigt von 17,6 (2010) auf 28 Prozent im Jahr 2050.

Die steigende Zahl alter Menschen bedeutet eine massive Zunahme der öffentlichen Ausgaben für Pensionen, Pflege und das Gesundheitssystem. Der Anteil in Österreich wird laut S&P von derzeit 21,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2050 auf knapp ein Drittel der gesamten heimischen Wirtschaftsleistung steigen (siehe Grafik). „Wir erwarten, dass der Anstieg bei den altersbedingten Ausgaben des Staates bis 2030 moderat sein wird, dann aber stark steigen wird, weil mehr Menschen in Pension gehen.“ Die Folge: „Eine solche Entwicklung wird langfristig zu einer deutlichen Verschlechterung der finanziellen Lage Österreichs führen.“

Wie deutlich die Verschlechterung sein wird, rechnet die Ratingagentur im nächsten Satz vor: „Unsere Analysen kommen zu dem Schluss, dass die Verschuldung Österreichs bis 2050 ohne finanzielle und politische Reformen auf 328,7 Prozent des BIPs steigen könnte.“ Diese Zahl liegt weitaus höher als die durchschnittliche Verschuldung, die S&P für andere Länder errechnete (245 Prozent).

Die Konsequenz ist logischerweise, dass „wir glauben, dass das AAA-Rating Österreichs ab 2020 unter zunehmenden Druck gerät“. In zehn Jahren wäre die Bewertung nur noch AA, was Kredite für Österreich deutlich teurer machen würde. „Bis 2040“, schreibt S&P, „würde das Rating auf einen Level gefallen sein, der der spekulativen Kategorie zuzurechnen ist (BB+ oder geringer).“

Einzige Möglichkeit, dass die Vorhersagen nicht eintreten, sind Eingriffe der Politik, die zweifellos über das hinausgehen müssen, was es in der Vergangenheit gab. Standard and Poor's beurteilt die bisherigen Schritte der österreichischen Regierung nüchtern so: „Aktuelle Reformen haben weitgehend die Maßnahmen früherer Regierungen neutralisiert, so dass die Wirkung nur kurzfristig sein wird.“

S&P vermisst Strategie

Dann folgt der vernichtende Satz für die SP/VP-Koalition: „Wir sehen bisher keine umfassenden politischen Schritte, um die langfristige Tragfähigkeit der österreichischen Finanzen sicherzustellen.“

Die Amerikaner haben allerdings einen Vorschlag: ein Nulldefizit bis zum Jahr 2016 und das Einfrieren aller altersbedingten Staatsausgaben auf dem aktuellen Niveau.

Das bedarf eines massiven Kraftakts: Im aktuellen heftig umstrittenen Budgetplan ist für 2013 eine Neuverschuldung von 2,5 Prozent des BIPs vorgesehen.

(Quelle: diepresse.com, 10.11.2010)

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