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Schreibtisch statt Schrebergarten

Sollen (Früh)pensionisten neben ihrer Pension unbegrenzt dazuverdienen dürfen? Seniorenvertreter sind dafür, Opposition und Wirtschaft dagegen

Die einen blicken schon seit Jahren dem Ruhestand und Schrebergarten entgegen, andere können und wollen auch nach der Pensionierung nicht vom Job lassen.  Das dies jedoch nicht so einfach ist, hat derStandard.at in Erfahrung gebracht. Wer in der Pension wieviel dazuverdienen darf, darüber ist jetzt eine Debatte entbrannt. derStandard.at hat sich Argumente für und gegen das Aufheben der Zuverdienstgrenze für (Früh)pensionisten angesehen.

Wer darf eigentlich wie viel, wann und unter welchen Umständen dazuverdienen? Laut einer Sprecherin des Sozialministeriums gilt grundsätzlich: Wer als ASVG-Versicherter das reguläre Pensionsalter, also 60 Jahre bei Frauen und 65 bei Männern, erreicht hat, erhält die ihm oder ihr zustehende Pension und kann darüber hinaus unbeschränkt zusätzliche Gelder beziehen. Von dieser Regelung würden vor allem jene Personen profitieren, die von der Selbstständigkeit in die Pension wechseln. Sie könnten ihre Geschäfte ungehindert, nach eigenem Ermessen der persönlichen Kapazitäten und dem gewünschten Zeitaufwand, weiterführen. Für Aufregung sorgt indessen die Regelung für Beamte, die es ihnen, unabhängig vom Antrittsalter erlaubt, jederzeit unbeschränkt dazuzuverdienen. "Eine Ungleichheit", die es laut Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha nicht auf Kosten der Beamte sondern viel mehr zu Gunsten der ASVG-Pensionisten auszuräumen gilt.

Zuverdienstfalle Frühpension

Differenzierter verhält es sich mit den Frühpensionisten: Unabhängig von Grund oder Zeitpunkt ihres frühzeitigen Ruhestands ist ihnen lediglich ein Zuverdienst erlaubt, der die Höhe der Mindestverdienstgrenze von 374 Euro monatlich nicht übersteigt.

Ist das dennoch der Fall, so entfällt den Betroffenen der Pensionsanspruch entweder zur Gänze, tageweise oder den Umständen entsprechend über einen längeren Zeitraum. Diese Umstände hängen primär von dem die Mindestverdienstgrenze übersteigenden Betrag ab. Ein Euro mehr im Monat könnte also bereits die Streichung des Pensionswerts eines ganzen Tages nach sich ziehen. In Österreich sind derzeit "645 Menschen in Frühpension", die mit dieser Regelung leben müssen, so die Sprecherin des Sozialministeriums im Gespräch mit derStandard.at.

Eine Ungerechtigkeit, meinen hier die Pensionistenvertreter und die betroffenen Personen. Auch das Sozialministerium plädiert für „Anreizsysteme für den längeren Verbleib im Erwerbsleben", will jedoch zu den Forderungen Khols und Blechas zur Abschaffung der Zuverdienstgrenze derzeit nicht Stellung beziehen.

„Zwangs-Frühpension"

In Politik und Wirtschaft begegnet der Antrag geteilten Meinungen. Laut Gertrude Aubauer, Bundesobmann-Stellvertreterin des Österreichischen Seniorenbundes und ÖVP-Seniorensprecherin im Nationalrat, trifft die momentane Regelung etwa „ein Drittel aller Frühpensionisten" besonders hart. Dabei handelt es sich um jene Personen, die „per Gesetz von der Arbeitslosigkeit in die Frühpension" wechseln müssen. Diese Menschen werden derzeit noch in die Frühpension gezwungen und haben in der Folge bis zum Eintreten des regulären Pensionsalters nicht die Möglichkeit, über die Mindestverdienstgrenze hinaus hinzu zuverdienen. Da das Frühpensionsgeld aber oftmals deutlich unter jenem des entsprechenden Arbeitslosengelds liegt, kann dieser Schritt einen tiefen Einschnitt in das monatliche Budget bedeuten. Denn findet der ehemals arbeitslose „Zwangs-Frühpensionist" einen Job, darf der Lohn oder das Gehalt die 374 Euro nicht übersteigen.

„Falsches Signal an die Jugend"

Auf der Kehrseite der Medaille stehen etwaige Auswirkungen einer Abschaffung der Zuverdienstgrenze auf den Arbeitsmarkt. Laut einer Sprecherin des Arbeitsmarktservice (AMS) sei es für eine Prognose etwaiger Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote beziehungsweise Jugendarbeitslosigkeit, die jüngst deutlich gesunken ist, „noch zu früh".

Dennoch ist FPÖ-Seniorensprecher Neubauer der Meinung, dass hier ein „falsches Signal zur falschen Zeit an die Jugend" gesendet werde. Menschen, die in Pension gehen oder geschickt werden sollten genau das sein - Pensionisten.

Der Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft, Markus Roth, sieht in einer derartigen Regelung ein weiteres Problem: den „Anreiz zu Frühpensionierungen". Unternehmer könnten also ihre Mitarbeiter in Frühpension schicken und diese im Anschluss „zurückleasen". So würden sie sich der hohen Belastungen fest angestellter Mitarbeiter entledigen ohne dabei auf deren Expertise verzichten zu müssen.

Quelle: derstandard.at, 22.2.2011

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