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Pflegeleistungen sollen verteuert werden

Die ungeklärte Finanzierung bringt die Bundesländer zunehmend in Schwierigkeiten. Betroffene protestieren vor dem Sozialministerium gegen Einschränkungen beim Pflegegeld.

Wien/Linz. Pflegebedürftige, die mobile Dienste und Betreuung in Anspruch nehmen, müssen sich darauf einstellen, dass sie künftig selbst mehr zahlen müssen. Länder und Gemeinden stöhnen schon jetzt unter steigenden Kosten für die Pflege; woher zusätzliche Mittel für die Pflege kommen sollen, ist in Verhandlungen zwischen Bund und Ländern ungelöst. In manchen Bundesländern wie in Oberösterreich steht daher schon fest, dass Pflegeleistungen für Betroffene teurer werden, das Ausmaß ist noch offen. In Wien könnte dies zumindest Bezieher höherer Pensionen treffen.

Hintergrund ist, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen zunimmt. Vertreter von Behindertenorganisationen befürchten, dass sich die Situation im kommenden Jahr weiter zuspitzt, wenn die Bundesregierung im Zuge ihres Budgetsparpakets wie geplant strengere Kriterien für den Erhalt von Pflegegeld in den Stufen I und II umsetzt.

„Zäsur“ in Oberösterreich

Während des noch laufenden Begutachtungsverfahrens zu den Budgetbegleitgesetzen erhöhen deshalb nicht nur die Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP den Druck auf die Regierung, sondern auch Behindertenorganisationen. Für Donnerstag sind in Wien, Graz und Linz Protestversammlungen gegen den „Sparwahn auf Kosten von Menschen mit Behinderung“ und gegen die Einschränkungen beim Pflegegeld geplant. In Wien findet die Demonstration vor dem Sozialministerium statt. Minister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) steht zu den Einschnitten, weil 2011 trotz des Sparkurses vom Bund immer noch um 65 Mio. Euro mehr für Pflege ausgegeben werde.

In Oberösterreich spricht der zuständige Vizelandeshauptmann Josef Ackerl von einer „Zäsur“ im Sozialbereich, weil angesichts der finanziellen Probleme erstmals seit 17 Jahren das Leistungsangebot reduziert werden müsse. Auf die Betroffenen kommen 2011 Verteuerungen zu: Deren Kostenbeiträge müssen angehoben werden. In Oberösterreich nehmen derzeit zwischen 15.000 und 25.000 Menschen einen mobilen Sozialdienst in Anspruch, bis zu 15.000 Personen werden in Heimen betreut.

In Wien werden, wie es im Büro der bisherigen Sozialstadträtin Sonja Wehsely heißt, die mobilen Dienste weiter forciert. Auch im Bereich der stationären Pflege bleibe es beim Ausbauprogramm von 9100 auf 10.000 Betten bis 2015.

Teurer könnten die Leistungen für Personen mit höheren Einkommen werden. Derzeit wird untersucht, wie das derzeitige, rund 15 Jahre alte Modell der Kostenbeiträge „gerechter“ gestaltet werden kann.

Teurer bei höherem Einkommen?

Die Zahlungen der Betroffenen sind derzeit sozial gestaffelt und mit Obergrenze „gedeckelt“. Dieses Limit wackelt. Im Klartext heißt das: Wer mehr Pension hat, soll mehr zahlen. Noch unklar ist der Zeitpunkt für eine solche Neuregelung.

In Niederösterreich wird in der zuständigen Abteilung auf Anfrage der „Presse“ versichert: „Es ist derzeit nicht vorgesehen, dass die Leute mehr zahlen müssen.“ Als Grund wird angeführt, dass das Land mit den Gemeinden bei einem Kommunalgipfel eine Vereinbarung bis 2013 zur Aufteilung der Pflegekosten getroffen habe. Darin seien auch bereits Kostensteigerungen bis 2013 vorgesehen.

Allerdings wird auch in Niederösterreich kein Hehl daraus gemacht, dass man hofft, dass es rasch zu einer Lösung zwischen Bund und Ländern über die künftige Finanzierung der Pflege kommt. Diese solle es jedenfalls bis 2013 geben. Sozialminister Rudolf Hundstorfer möchte erreichen, dass die Länder schon ab 2011 Mehreinnahmen aus dem jetzigen Budget- und Steuerpaket zweckgebunden für die Pflege verwenden. Eine Einigung steht allerdings aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15. November 2010)

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