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Pensionisten sollen Beitrag für Pflege leisten

Die Pensionen und der Schulbereich sind derzeit die größten Streitthemen bei den Budgetverhandlungen

Bei den aktuellen Budgetverhandlungen wird ein neuer Vorschlag zur Pflegefinanzierung diskutiert. Wie der Standard erfuhr, ist ein Pflichtbeitrag der Pensionisten im Gespräch. Ein bestimmter Prozentsatz der Pension würde demnach abgezogen und für den Pflegebereich verwendet. "Es geht um einen dreistelligen Millionenbetrag", heißt es. Das Sozialministerium wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.

Mit einem neuen Vorschlag lässt auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) aufhorchen. Im Standard-Interview plädiert er dafür, einen Teil der Einnahmen aus der Stiftungsbesteuerung der Entwicklungszusammenarbeit zu widmen. Stiftungsprivilegien sollten nur mehr dann gewährt werden, wenn die Stiftung gemeinnützig agiert. An allen Universitäten wurde am Dienstag gegen drohende Budgetkürzungen demonstriert.

Äußerst zäh gestalten sich offenbar die Budgetverhandlungen zwischen SPÖund ÖVP. Vor allem im Pensionsbereich sind zentrale Punkte offen. Es zeichnet sich aber auch ein überraschender Einschnitt ab. Debattiert wird

nun ein Pflichtbeitrag der Pensionisten zur Finanzierung der Pflege. "Es geht um einen dreistelligen Millionenbetrag", heißt es in Verhandlerkreisen. Der Obolus soll erst ab einem bestimmten Alter zu leisten sein, ab dem die Pflegeanfälligkeit deutlich steigt. Vorgesehen ist ein fixer Prozentsatz, der aber noch zu verhandeln sei.

Wenig Bewegung gibt es bei der Hacklerregelung, die einen Pensionsantritt mit 60(Männer) bzw. 55 (Frauen) ermöglicht. Kanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (beide SPÖ) haben sich am Dienstag neuerlich festgelegt, dass ein vorzeitiges Auslaufen vor dem Jahr 2013 nicht in Frage komme. Sie argumentieren mit "Vertrauensschutz" für die Betroffenen. Diskutiert wird aber, die Krankenstand- und Arbeitslosenzeiten nicht mehr anzurechnen.

Was die jährliche Pensionserhöhung betrifft, hat sich die Pensionskommission wie erwartet auf 1,2 Prozent festgelegt. Das ist die Inflation im Zeitraum vom August 2009 bis Juli 2010. Daran ist die Regierung aber nicht gebunden. Im Gespräch ist, dass höhere Pensionen nur eine kleinere Anpassung bekommen. Faymann plädiert dafür, Pensionen bis zirka 1200 Euro im Monat um die Inflation von 1,2 Prozent anzuheben. Pröll argumentiert, man habe umso mehr Spielraum, je mehr man bei der Hacklerpension mache. Eine Nulllohnrunde schloss aber auch er schon aus.

In der ersten Verhandlungsrunde am Dienstagabend legte die Regierung den Seniorenvertretern noch kein konkretes Angebot vor. Dies wäre unseriös, solange er nicht wisse, ob der Vorschlag bei den Budgetverhandlungen halten würde, argumentiert Hundstorfer.

Diskutiert wird auch über einen "Konnex von Pensionisten und Beamten" . Die jährliche Anpassung soll harmonisiert werden. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sagte am Dienstag, es solle zumindest für Niedrigverdiener bis 2000 bzw. 2500 Euro eine Kaufkraftstärkung geben.

Ein Dauerthema ist die Reform der Invaliditätspension. Über 460.000 der rund 2,3 Millionen Pensionisten in Österreich sind als invalid eingestuft. Um diese Entwicklung einzudämmen wird über Verschärfungen verhandelt: Bevor man eine Invaliditätspension bekommt, soll es eine Verpflichtung geben, eine Umschulung beim Arbeitsmarktservice auf einen neuen Beruf zu machen. Auch das Rehabilitations-Angebot soll ausgeweitet werden.

Derzeit gibt es für Fachkräfte (Lehrabschluss) und Angestellte einen relativ guten Berufsschutz. Hat jemand gesundheitliche Probleme und kann seinem alten Job nicht mehr nachgehen, kann er nur auf verwandte Tätigkeiten vermittelt werden, die körperlich weniger anstrengend sind. Ab 57 Jahren gibt es noch einen engeren Schutz. Wer unter diesen Bedingungen keine neue Arbeit findet, darf in Pension gehen. Die Ausnahme sind Hilfsarbeiter, für die es schon jetzt einen wesentlich schlechteren Schutz gibt.

Streitthema Schulen

Damit die neue Pflicht zur AMS-Umschulung von den Betroffenen nicht nur als Verschlechterung empfunden wird, sind auch Verbesserungen im Gespräch. Findet jemand nach der Umschulung auch im neuen Beruf keine Stelle, dürfte er dann nicht auf andere Berufe vermittelt werden. Das Problem: Mehr Leute in Rehabilitationsprogrammen verursachen in den ersten Jahren Mehrkosten, mit deutlichen Einspareffekten wird erst nach ein paar Jahren gerechnet. Laut Budgetplan müssen aber bereits 2011 im Pensionsbereich über 200 Millionen Euro gespart werden.

Auch die Schulen sorgen für erhebliche Probleme bei den Verhandlungen. Dabei geht es um Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern und auch zwischen den Ländern untereinander. Kompromissvorschlag des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl (SPÖ): Die Schulorganisation soll künftig in Form der mittelbaren Bundesverwaltung - ähnlich den Bezirkshauptmannschaften - erfolgen. Gesetzgebung und oberste Vollziehung wären Bundessache. Die Vollziehung auf Landesebene erfolgt durch den Landeshauptmann und die - als Landesbehörde eingerichtete - Bildungsdirektion. Letztinstanzlich sollen beide dem Bund unterstehen.

Intern soll sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied bereits für diese Variante ausgesprochen haben. Der Bund sei gerne bereit, diesen "interessanten Systemvorschlag" zu vertiefen, sagt die Ministerin: "Es ist entscheidend, dass Gesetzgebung und Vollziehung beim Bund ist und die Finanzierung aus dem Budget meines Ministeriums heraus erfolgt. Wenn diese Punkte gegeben sind, ist es darstellbar, dass die reine Verwaltung durch eine Landesbehörde abgewickelt wird."

In anderen Ressorts sind die Verhandlungen bereits fortgeschritten. Weit gediehen dürfte die Einschränkung der 13. Familienbeihilfe auf schulpflichtige Kinder sein. Zudem wackelt der Alleinverdienerabsetzbetrag.

Ab Freitag soll das Budget bei einer Regierungsklausur in Loipersdorf finalisiert werden. Schon heute, Mittwoch, will Finanzminister Pröll im Nationalrat einen Zwischenstand der Verhandlungen präsentieren.

(Quelle: Der Standard, Print-Ausgabe 20.10.2010)

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