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Jede elfte Firmenpension wird gekürzt

Im Vorjahr schafften die Pensionskassen einen Ertrag von 6,6 Prozent. Fast jede zweite Pension wird jetzt erhöht. Einige sinken aber weiter. Vom „Schutzverband der Pensionskassenberechtigten“ hagelt es Kritik.

Wien/B.l. 30.000 Menschen, die eine Zusatzpension aus einer Pensionskasse beziehen, dürfen sich heuer über eine Erhöhung von durchschnittlich vier Prozent freuen. 30.000 weitere müssen mit einer gleichbleibenden Pension rechnen. Bleiben 6000, deren Pensionen um etwa zwei bis drei Prozent sinken dürften, schätzt Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbands der Pensionskassen.

Oft zu hohe Ertragserwartung

Das sind bessere Aussichten als vor zwei Jahren: Damals wurden zwei Drittel der Pensionen gekürzt. Doch im Vorjahr schafften die Pensionskassen Erträge von 6,6 Prozent– weniger als 2009 (neun Prozent), aber etwas mehr als der langjährige Schnitt (siehe Grafik).

Damit geht sich für die meisten Kunden eine Erhöhung aus – außer für jene, in deren Verträgen eine zu hohe Ertragserwartung („Rechnungszins“) vereinbart wurde. Das passierte vor allem in den Neunzigern, als einige große Firmen, die ihren Mitarbeitern Zusatzpensionen zugesagt hatten, diese Verpflichtungen an Pensionskassen auslagerten. Man ging von hohen Renditen in der Zukunft aus, die Arbeitgeber zahlten entsprechend wenig ein, die Erwartungen erfüllten sich nicht. Die anfangs zu hoch angesetzten Pensionen müssen seither laufend gekürzt werden.

Der „Schutzverband der Pensionskassenberechtigten“ übt Kritik: Die Tatsache, dass nach den starken Kürzungen im Jahr 2009 die Hälfte der Pensionen nur stagniere, zeige, dass das System reformbedürftig sei. Eine diesbezügliche Gesetzesnovelle liegt schon länger auf Eis. Sie sieht vor, dass bei neuen Mitarbeitern von Firmen mit „altem“ Vertrag eine niedrigere Ertragserwartung zugrunde gelegt wird. Auch sollen junge Arbeitnehmer eine riskantere Veranlagung wählen und später auf eine konservativere umsteigen können („Lebensphasenmodell“). Uneinigkeit zwischen Finanz- und Sozialministerium herrscht jedoch bei der Frage, ob Pensionisten die Möglichkeit erhalten sollen, sich ihr Kapital ausbezahlen zu lassen. Auch zu möglichen Entlastungen für Pensionisten, die von Kürzungen betroffen sind, gibt es sehr unterschiedliche Positionen.

Die durchschnittliche Zusatzpension beträgt 7100 Euro pro Jahr. Die Unterschiede sind beträchtlich, einzelne Pensionisten erhalten sechsstellige Beträge. Hauptkunden der Pensionskassen sind Banken, Versicherungen und der öffentliche Bereich. Dagegen werden nur 3,7 Prozent der Beschäftigten im Tourismus und 7,6 Prozent in der Bauwirtschaft einmal eine Firmenpension erhalten.

Zusatzpension für jeden Fünften

Insgesamt haben derzeit 770.000 Menschen Anspruch auf eine Zusatzpension aus einer Pensionskasse oder beziehen bereits eine solche. Das sind zwanzig Prozent der Beschäftigten in Österreich.

Im internationalen Vergleich ist in Österreich die „zweite Säule“ des Pensionssystems unterentwickelt. Neunzig Prozent der Pensionszahlungen kommen vom Staat (erste Säule), der Rest verteilt sich auf die zweite (Direktzusagen von Firmen, Pensionskassen, betriebliche Kollektivversicherungen, Abfertigung neu) und die dritte Säule (private Vorsorge). In der Schweiz oder den USA kommt nicht einmal die Hälfte der Pensionen aus dem staatlichen System, in den Niederlanden 50 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2011)

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