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Dilemma namens Lebensversicherung

Die Renditen bei den klassischen Lebensversicherungen sind nur noch mickrig. In manchen Fällen ist die Kündigung des Vertrags die bessere Lösung. Die Lebensversicherungen befinden sich also in einem Dilemma.

Wien. Die Erträge für klassische Lebensversicherungen sind so niedrig wie noch nie zuvor. Im vergangenen Jahr lag die Verzinsung zwischen drei und 3,5Prozent.

Wobei Verzinsung noch lange nicht mit der Nettorendite gleichzusetzen ist. Aufgrund der hohen Kosten schaut derzeit bei Lebensversicherungen laut diversen Erhebungen in vielen Fällen eine jährliche Rendite von 1,5 bis 2,5 Prozent heraus. Die Situation dürfte sich so bald nicht stark verbessern. Die Versicherungsgesellschaften legen das Geld der Kunden überwiegend in sichere Anleihen an. Mit deutschen Bundesanleihen etwa wird man aber nicht wie in den vergangenen drei Jahrzehnten jährlich 6,7Prozent verdienen. Sondern nur mehr zwei bis drei Prozent. Die Lebensversicherungen befinden sich also in einem Dilemma.

Kündigung kann sich auszahlen

„Es ist für die Kunden frustrierend, brav in eine Lebensversicherung einzuzahlen, obwohl man weiß, dass die Rendite deutlich unter der Inflation liegen wird“, sagt Peter Wageneder von AAA Private Investments.

Bisher wurde streng davon abgeraten, eine Polizze zu kündigen. Die Kündigung ist teuer, man bekommt nach 15 Jahren nur geringfügig mehr zurück, als man zuvor an Prämien eingezahlt hatte. Deswegen, weil die Assekuranz alle Kosten zuvor abzieht. In manchen Fällen ist eine Kündigung aber zumindest überlegenswert(siehe Grafik).

Beispiel 1: Ein Kunde zahlt monatlich 100 Euro ein. Der Vertrag läuft eigentlich 20 Jahre. Nach 15 Jahren hat er bereits 18.000 Euro einbezahlt und will keine weiteren Prämien einzahlen. Er will den Vertrag kündigen und würde von der Versicherung 18.429 Euro zurückbekommen (Rückkaufswert). Würde der Konsument dieses Geld auf einmal anlegen und keine weiteren Sparbeträge einzahlen, müsste er eine jährliche Rendite von 4,4 Prozent machen, um dasselbe zu bekommen wie bei der Lebensversicherung. 4,4Prozent jährlich sind nicht so wenig, er müsste also schon mehr Risiko eingehen. Eine Kündigung ist in diesem Fall rein finanzmathematisch nicht ratsam. Man sollte stattdessen keine Prämien mehr einzahlen (Prämienfreistellung).

Beispiel 2:Ein Kunde zahlt monatlich über 400 Euro ein. Nach 15 Jahren kündigt er den Vertrag und zahlt keine Prämien mehr. Er legt den Betrag (Rückkaufswert) auf einmal an. Um das Gleiche zu bekommen wie bei der Lebensversicherung, müsste sein Kapital mit 1,9Prozent jährlich verzinst werden. Zum Vergleich: Für ein Sparbuch mit fünfjähriger Fixbindung bekommt er bei der Vakifbank 3,625Prozent (Kapitalertragsteuer nicht einbezogen). Finanziell zahlt sich die Kündigung damit aus.

Verlockende Angebote

Man muss die Polizze nicht direkt bei der Versicherung kündigen. Es gibt auf dem Sekundärmarkt andere Anbieter, denen man die Polizze verkaufen kann.

Aber: Dieser Markt ist seit einigen Jahren größtenteils ausgetrocknet. Viele Anbieter sahen keinen Sinn mehr darin, den Konsumenten Lebensversicherungen mit derart schwachen Erträgen abzukaufen. Es gibt nur noch wenige Anbieter, die verlockende Angebote machen. Etwa die Bestlife Select aus München. Ein Beispiel: Der Rückkaufswert einer Lebensversicherung liegt im    Beispiel 1 bei 20.000 Euro. Bei Bestlife Select könnte man sofort 4500 Euro ausbezahlt bekommen. Das Unternehmen verspricht, dass es statt der restlichen 13.500 Euro dem Kunden nach sechs Jahren das Doppelte, also 27.000 Euro auszahlen wird.

Das entspricht einer jährlichen Nettorendite von über zwölf Prozent. Wie ist das möglich? „Das Risiko ist nicht groß. Wir streuen das Kapital der Kunden und legen etwa in geothermische Kraftwerke an“, heißt es aus dem Unternehmen. „Jedem sollte einleuchten, dass er dabei ein großes Risiko eingeht. Oder es handelt sich um leere Versprechen“, sagt Peter Wageneder.

Was Sie beachten sollten bei... Lebensversicherungen

Tipp 1

Rendite. Die Kunden sollten sich nicht verwirren lassen. Zwar heißt es immer, dass Lebensversicherungen mit drei bis vier Prozent verzinst werden. Das entspricht aber nicht der Nettorendite. In den meisten Fällen werden die Kunden eine jährliche Rendite von nur 1,5 bis 2,5 Prozent bekommen. Damit kann man nicht einmal die Inflation abdecken.

Tipp 2

Kündigung. Die Kündigung einer Lebensversicherung ist teuer. In einigen Fällen ist sie aber überlegenswert (siehe Grafik und Text). Wenn man den Vertrag kündigt, kann man finanziell besser aussteigen. Aber: Man gibt auch den Ablebensschutz auf. Die Prämienfreistellung ist eine Alternative. Man zahlt dann einfach keine weiteren Prämien ein.

Tipp 3

Sekundärmarkt. Man muss die Lebensversicherung nicht direkt bei der Versicherung kündigen, sondern kann sie einem Anbieter auf dem Sekundärmarkt verkaufen. Die sind seit der Finanzkrise aber rar. Einige wenige Anbieter versprechen tolle jährliche Renditen von über zwölf Prozent. Anlageberater raten strikt ab, derlei Geschäfte einzugehen.

(Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2011)

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