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Die Zusatzpension als Sorgenkind

Die Finanzkrise hat den Pensionssystemen zugesetzt. Die Alternativen zur staatlichen Pension leiden unter Vertrauensverlust. Gekürzte Firmen-Pensionen und "ausgestoppte" Zukunftsvorsorgeprodukte sorgen für Unmut.

Wien. Die Finanzkrise hat den kapitalgedeckten Pensionssystemen zugesetzt: Im Vorjahr schafften Pensionskassen und Zukunftsvorsorgeprodukte zwar meist positive Erträge. Im Jahr 2008 gab es aber schwere Einbußen. Mehrere Zukunftsvorsorgeprodukte wurden „ausgestoppt“. Das bedeutet, dass zwar das Kapital (Einzahlungen und staatliche Prämie) gesichert ist, darüber hinaus aber kaum ein Mehrertrag möglich ist. Zumindest nicht für jenen Teil, der ausgestoppt wurde. Spätere Einzahlungen können wieder an der Marktentwicklung partizipieren. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) überlegt nun einen Musterprozess.

Auch für die Pensionskassen-Pensionisten hatte das Jahr 2008 schlimme Folgen. Zwei Drittel der Pensionen wurden im Vorjahr gekürzt. Heuer waren es sieben bis acht Prozent. Angesichts höherer Lebenserwartung, wachsender Staatsdefizite und niedrigerer staatlicher Pensionen infolge der Pensionsreform führe dennoch kein Weg an den Pensionskassen vorbei, meinte Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbands der Pensionskassen, am Montag.

Wifo: „Designfehler“

Im Vorjahr konnte die Branche 250 neue Verträge mit Firmen abschließen. Die großen Brocken entfielen primär auf Betriebe der öffentlichen Hand. Aus diesem Sektor dürfte auch in den nächsten Jahren Nachfrage kommen.

„Wie weit sich der Trend in der Privatwirtschaft fortsetzt, ist aber nur schwer zu sagen“, meint Thomas Url, Finanzmarktexperte am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Erstens sei das Bewusstsein kaum ausgeprägt, dass infolge der Pensionsreform Personen mit stark schwankenden Einkommen, Frauen mit langen Erwerbsunterbrechungen und Menschen mit langen Ausbildungszeiten mit weniger Pension auskommen müssten.

Zweitens litten Pensionskassen wie Zukunftsvorsorge nach der Finanzkrise an einem Vertrauensverlust. Beide Systeme sind relativ jung: Die Pensionskassen gibt es seit 1991, die Zukunftsvorsorge seit sieben Jahren. Als die Finanzkrise kam, waren kaum Reserven da. Doch die Probleme seien auch hausgemacht: Bei den Pensionskassen hegte man in den Neunzigern oft zu optimistische Ertragserwartungen, entsprechend wenig zahlten die Betriebe ein.

Problem der Zukunftsvorsorge sei zudem, dass sie von Anfang an zwei Zwecke zu erfüllen hatte: die Altersvorsorge und die Förderung des heimischen Kapitalmarkts. Url spricht von einem „Designfehler“. Um die Börse zu fördern, war ursprünglich eine Aktienquote von 40 Prozent vorgeschrieben, Anfang 2010 wurde diese auf 30 Prozent gesenkt. Ideal wäre, wenn es gar keine verpflichtende Quote gäbe, meint der Experte. Wolle man aber an der Aktienquote und der Kapitalgarantie festhalten, sei das Ausstoppen in Krisenzeiten überlebensnotwendig für die Anbieter.

Fast 90 Prozent der Pensionszahlungen in Österreich kommen vom Staat. Die betriebliche Vorsorge („zweite Säule“) und die private Vorsorge („dritte Säule“) führen im Vergleich dazu ein Schattendasein. Anders verhält es sich in der Schweiz oder den USA, wo nicht einmal die Hälfte der Pensionszahlungen vom Staat kommt. In Frankreich und den Niederlanden sind es ziemlich genau 50 Prozent.

Hierzulande sorgen 1,4 Millionen Menschen über die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge für ihr Alter vor. Sie zahlen Beiträge an eine Versicherung oder Kapitalanlagegesellschaft, der Staat zahlt zehn Prozent Prämie dazu.

„Beiträge müssen steigen“

750.000 Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Firmenpension aus einer Pensionskasse. Für sie zahlt der Arbeitgeber regelmäßig ein, später erhalten sie eine Zusatzpension. Zakostelskys Ziel ist, dass in zehn Jahren 80 Prozent aller Beschäftigten einen Anspruch auf eine Pensionskassen-Pension haben (derzeit sind es 20 Prozent). Doch müssten auch die Beiträge der Arbeitgeber von derzeit 800 Euro pro Beschäftigten und Jahr deutlich steigen, damit man von einer zweiten „Säule“ sprechen kann. Gegenwärtig beträgt die durchschnittliche Firmenpension 470 Euro im Monat. Zakostelsky will auch mehr Verträge mit Klein- und Mittelbetrieben an Land ziehen. Dazu will er verstärkt den Dialog mit Politik, Unternehmen und Gewerkschaften suchen.

Auf einen Blick

VomStaat kommen immer noch 90 Prozent der Pensionszahlungen. Die betriebliche Säule (Pensionskassen, betriebliche Kollektivversicherungen, direkte Zusagen von Arbeitgebern und die „Abfertigung neu“) sowie die private Vorsorge (etwa die „Zukunftsvorsorge“) haben nach der Krise mit einem Vertrauensverlust zu kämpfen.

(Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2010)

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