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Arbeitgeber sollen für ältere Arbeitslose zahlen

Vorschlag der ÖGB-Pensionisten sorgt für Empörung in der Wirtschaft - dem "Lastesel" könne man nicht noch mehr aufbürden

Wien - "Wer ältere Arbeitnehmer kündigt, soll dafür für einige Zeit das Arbeitslosengeld bezahlen", fordert der Vorsitzende der ÖGB-Pensionisten Werner Thum am Mittwoch. Es liege vor allem in der Hand der Arbeitgeber, ob längeres Arbeiten im Alter möglich sei. Scharf reagiert darauf die Wirtschaftskammer: "Die Wirtschaft finanziert das Sozialsystem bereits jetzt zu mehr als zur Hälfte. Die Idee, dem Lastesel noch mehr aufzubürden, richtet sich daher von selbst", so Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit.

Es seien aber noch immer die Unternehmen, die ältere Beschäftigte kündigen oder in die Invaliditätspension drängen, so Thum. Arbeitgeber, die glauben, ältere Beschäftigte einfach in die Arbeitslose abschieben zu können, sollten zur Kasse gebeten werden. Vorstellbar sei auch, dass Dienstgeber die verhältnismäßig wenig ältere Menschen beschäftigen, einen Ausgleich zahlen müssen. 

Der Vorschlag der ÖGB-Pensionisten sei schon deshalb absurd, weil Unternehmen ja schon Arbeitslosenversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer zahlen, argumentiert Gleitsmann dagegen. Auch den Pauschalvorwurf, Arbeitgeber würden ältere Beschäftigte vermehrt kündigen und vorzeitig in Pension drängen, weist der WKÖ-Sozialpoltiker zurück: "Arbeitgeberkündigungen kommen bei älteren Arbeitnehmern nicht häufiger vor als bei jüngeren Mitarbeitern, zumal Ältere einen erhöhten Kündigungsschutz genießen. Eine Verschärfung des Kündigungsschutzes kommt auch deshalb für die Wirtschaft nicht infrage, weil dieser ein Hindernis für die Einstellung Älterer ist." 

"Frühpensionistis"

Hauptverantwortlich für die österreichische "Frühpensionitis" ist laut Gleitsmann das Pensionssystem, das Arbeitnehmern und Unternehmen immer noch falsche Anreize für einen vorzeitigen Pensionsantritt gibt, wie z.B. die "Hacklerregelung", versicherungsmathematisch unzureichende Abschläge und zu geringe Anreize für längeres Arbeiten. Daher seien die Weichen im Pensionssystem selbst neu zu stellen.

Auch bei der Industriellenvereinigung (IV) zeigt man sich wenig begeistert und sieht falsche Anreize im Pensionssystem. An der Industrie würde es jedenfalls nicht liegen, wenn ältere Arbeitnehmer frühzeitig in die Pension gehen, so IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren in einer Aussendung. "Mit den neuen Regulierungs- und Belastungswünschen der ÖGB-Pensionisten wird weder dem Arbeitsmarkt, noch älteren Arbeitskräften geholfen", meint Koren. 

Wirtschaftsbund sieht sich provoziert

Der Wirtschaftsbund sah sich gar provoziert. Er sprach von einem "pauschalen Angriff auf alle Arbeitgeber im Land und einem Griff in die unterste und verstaubteste ideologische Schublade". Das Problem liege im Pensionssystem selbst, das seit Jahrzehnten falsche Anreize setze und einen früheren Pensionsantritt ermögliche statt längeres Arbeiten zu belohnen, meint Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Markus Roth, Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft hielt fest: "Ein solcher Malus ist lebensbedrohlich für Betriebe, gefährdet Arbeitsplätze und ist für uns keinesfalls vorstellbar".

Unterstützung kam hingegen von der SPÖ. "Nicht das Pensionssystem ist schuld am frühen Pensionsantritt, sondern die Arbeitswelt", betonte Pensionsverbands-Generalsekretär Andreas Wohlmuth. Und er rechnete vor: "Wenn wir heute wissen, dass 40 Prozent der Neu-Pensionisten eines Jahrganges aus der Arbeitslosigkeit kommen, weitere 30 Prozent aus Krankengeldbezug und nur 25 Prozent aus einer Erwerbstätigkeit, ist klar, wo der Hebel anzusetzen ist: in der Arbeitswelt."

Quelle: derstandard.at, 20.4.2011

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